101,3kg und die Jugend von heute

Meine besten Tage sind vorbei. Diese Botschaft vermittelt mir der Badezimmerspiegel ganz brutal.

Meine Kinder könnten bereits studieren, zwischen meiner Studentenzeit und jetzt liegt eine ganze Generation.
Die Generation zwischen der heutigen Jugend und mir kam bereits zu Hartz-IV-Zeiten und mit weniger Kündigungsschutz ins Berufsleben und war für mich bereits ein Buch mit sieben Siegeln. Der Job war das Statussymbol, man wohnte im Unternehmen, war per Mail und Handy 24/7 in Bereitschaft und nahm noch was für den Sonntag nach Hause mit. Das alles für weniger Lohn als ich bekomme. Anfangs dachte ich mir “schön blöd” später “schafft Euch bitte für meine Rente zu Tode”.  Wenn ich schon für 5€/Stunde ackere, dann muß es mir wirklich Spaß machen. Diese Generation hat kein Problem damit, sich jeden Morgen einen neuen Platz für den Laptop zu suchen, denn keiner hat ein Büro oder auch nur einen eigenen Tisch. Legt man etwas persönliches auf den Tisch liegt gleich ein “No Camping”-Schild daneben.

Die Generation, die jetzt nachwächst ist anders.

Die freuen sich zwar auch drüber, wenn sie ausgebeutet werden und machen nichts dagegen, aber paaren das mit einem hemmungslos ausgelebten Egoismus. Arbeiten? Ja, was mit Medien. Verdienen? Ja, wenn es sich nicht vermeiden läßt. Ansonsten zahlt Mami oder man schreibt für ein “Start Up” (Start up: Mein Kumpel und ich hatten gestern in der Kneipe eine Idee für eine App, next Facebook sag ich Dir…), man macht Projekte via Crowdfunding (Crowdfounding = Hut in der Bekanntschaft rum gehen lassen, Rest zahlt Vati). Wichtig sind auch dauernd Ausdrücke wie Co-Working-Space, Pitch und mindestens einmal Super/Vollsuper/Echtsuper pro Satz . Ganz wichtig: Facebook, Youtube, Twitter. Unwichtig: Xing, LinkedIn.
Denkweise: Scheiß auf Morgen, da bin ich sowieso Star. Sozialversicherungspflichtige Jobs? Nöööööö…. Das braucht man nicht als Castingstar/Vlogger/Next-Facebook-CEO. Wenn die Kohle nicht reicht, dann gehe ich eben in irgendein Drittweltland um die Kultur in mir aufzunehmen. Mit dem aktuellen Hartz-IV-Satz kann man z. B. im Südsudan prima leben (besser als 95% der Einheimischen) und Gratis-WLAN haben die dort auch.
Studieren? Gerne. Vier Wochen pro Semester aber jedes Semester was Anderes und an einer anderen Uni in einem anderen Land. (Da gibt es so Programme für, den Rest zahlt Mami). Beziehungen? Ja, mindestens 500 Facebookfreunde und zehn One-Night-Stands. Ach so, was Festes? Nö, man will sich nicht festlegen. Tinder liefert bei Bedarf Nachschub. Familie? Ja Mami und Papi sind toll. Ach so, eigene Familie? Später vielleicht. Viel später. Hups. Zu spät. Macht nix.

Sie fragen sich jetzt was erzählt der denn da?

Sie dürfen sich das alles auch mal in real anschauen: Hier ein passendes Interview

Gelernt habe ich: Solidarität darf man von denen nicht mehr erwarten. Auch nicht Engagement. Es ist heutzutage wichtiger, sich in die Kultur ostasiatischer Fischer einzuleben, bevor man dem örtlichen Verein beim Würstleverkauf mithilft. Hier schleifen sie die Bürgerrechte? Egal, gehe ich halt nach Obervolta oder Burma. (Motto: Die drei Wochen als authentischer Teepflücker waren vollvollvollsuper und total intensiv)

Ich habe den Eindruck, die heutige Jugend redet sich das Leben schön, geht hemmunglos egoistisch vor und wenn es schief geht helfen Mami und Papi. Falls man aus dem Prekariat stammt wird man Videostar, Rapper oder Krimineller. Gerne auch alles zusammen.

Bin ich froh meine beste Zeit hinter mir zu haben. Selbst das vor mir ist immer noch besser als heutzutage jung zu sein.

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